Gemeinsame Stellungnahme zum LZ Artikel vom 13.02.2020
Die Grünen sind in der Sitzung des Kreis- Verkehrsausschusses vom 12.2.2020 mit dem Antrag gescheitert, eine Resolution für einen Baustopp der B239N zwischen Herford und Lage zu verabschieden.
Im Folgenden möchten wir uns vornehmlich anhand der Zahlen und Fakten aus dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP) zu einigen wichtigen Punkten in dem LZ Artikel äußern.
Die jetzt von Strassen.nrw (plötzlich) genannten 10 Minuten Zeitersparnis bei einem Neubau der B239N, sind im Bundesverkehrswegeplan nicht zu finden oder in irgendeiner Form belegt.
Größter wirtschaftlicher Nutzen für die Volkswirtschaft sind, laut BVWP, „Einzelreisezeitgewinne größer als 60 Sekunden“. In diesem Zusammenhang sei allerdings auch einmal die Frage an die Befürworter erlaubt, wann die Zerstörung unserer lippischen Heimat in einer solchen Dimension gerechtfertigt sein kann, bei 1 Minute, 5 Minuten oder 10 Minuten Reisezeitgewinn?
Die Grundplanung zur B239N sind über 50 Jahre alt und haben sich in all den Jahrzehnten auch nicht grundlegend geändert. Ein in unseren Augen notwendiges neues Linienbestimmungsverfahren wird zudem bis dato abgelehnt. Natürlich sind und werden die Pläne von Strassen.nrw immer wieder überarbeitet und stellen somit eine „aktuelle Planung“ dar. Im Kern ist diese Planung jedoch ein verkehrspolitischer Dinosaurier und ein –wider besseren Wissens- asphaltiertes und betoniertes Weiter so.
Nicht nur der vom Menschen verursachte Klimawandel erfordert ein sofortiges Umlenken in der Verkehrspolitik. Die von der Bundesregierung beschlossenen 40-42% Einsparung von Treibhausgasen im Verkehrsbereich bis 2030 als Beitrag zum Klimaschutz sind mit solchen Planungen keinesfalls zu erreichen.
Im Bundesverkehrswegeplan ist die ‚Flächeninanspruchnahme’ mit 51,9 Hektar aufgeführt und die ‚Inanspruchnahme von Vorrangflächen des Landschaftsschutzes’ mit 94,5 Hektar.
Das bedeutet eine direkte Versiegelung und eine weitere Verschlechterung bzw. Nutzung für insgesamt rund 146 Hektar Ackerland, Wald, Auen und Wohnraum. Diese sind jedoch im Gegensatz zu den Reisezeitgewinnen (350 Millionen) und dem neu entstehenden Verkehr (86 Millionen), die in die wirtschaftliche Berechnung für den Strassenneubau einfließen konnten und diesen erst legitimieren, nicht „monetär zu erfassen“. Ein unglaublicher Vorgang, der zu Recht auf immer breiteren Widerstand stößt.
Und wenn einem die Argumente für einen Strassen Neubau langsam ausgehen, wird reflexartig immer gerne auf die „überlebensnotwendige Notwendigkeit für die Wirtschaft“ verwiesen. Eine übrigens mehr als zynische Formulierung, die zudem durch keinerlei wissenschaftliche, unabhängige Studien belegt ist. Die Wirtschaft in OWL boomt seit Jahren, auch ohne einen Neubau der B239N.
Interessant sind und bleiben die unterschiedlichen Interpretationen über die Auswirkungen auf das Umweltzentrum Heerser Mühle. Da ist von „tangiert“ bis „das Areal der Heerser Mühle wird nicht bebaut“ alles dabei. Fakt ist jedoch, dass der Neubau der B239 – und das nicht allein während der jahrelangen Bauphase- das Ende des Umweltzentrums in seiner jetzigen Form bedeuten würde. Etwa ein Drittel der heutigen Fläche wäre verloren und eine nachhaltige Umweltbildungs- und Naturschutzarbeit wäre dann hier nicht mehr möglich.
Die Gelegenheit sich vor der Entscheidung unvoreingenommen zu informieren ist vertan worden. Nur die Position von Strassen.nrw zu hören ist unseres Erachtens nicht geeignet, sich ein realistisches und ausgewogenes Bild zur aktuellen Planung machen zu können.
Oder um es einfach auszudrücken: Die Kreistagsfraktionen haben sich von den Strassenbauern über den Vorteil von Straßenbau informieren lassen und dann völlig überraschend für Straßenbau plädiert.